Urheberrecht - Klageandrohung vor Landesgericht

Liebe Community,
immer wieder sehe ich folgen Text auf den Profilen der xHamster-User:

"Sollten wir unsere Bilder/Videos hier oder auf anderen Internetseiten oder in irgendwelchen Foren wiederfinden, so wird die Beauftragung eines Anwalts zur Einbringung einer Klage nach dem UrhG unumgänglich. Gem. § 50 Abs. 2 Z 10 (JN) ist nämlich für Streitigkeiten aus dem Urheberrecht unabhängig vom Streitwert immer das Landesgericht zuständig und dort besteht Rechtsanwaltszwang. Da die Kosten einer derartigen Klage nicht unbeträchtlich sind, sollte man sich daher im vorhinein überlegen, ob es sich auszahlt, Bilder oder Videos, an denen man keine Rechte hat, zu veröffentlichen. Zusammengefasst kann man also sagen ... Vorsicht! Urheberrecht- bzw. Copyright-Verletzungen können sehr teuer werden..."

Dies ist ein Text, welcher relativ häufig im Internet zu finden ist und der auf etwas Wichtiges hinweist. Leider wird gerade der letzte Absatz von Laien meistens im falschen Kontext gesehen, da hier nicht richtig zitiert wird. Der Originaltext stammt von Rechtsbeihilfeseiten und lautet im Auszug:

"In beiden Fällen ist die Beauftragung eines Anwalts zur Einbringung einer Klage nach dem UrhG unumgänglich. Gem. § 50 Abs. 2 Z 10 (JN) ist nämlich für Streitigkeiten aus dem Urheberrecht unabhängig vom Streitwert immer das Landesgericht zuständig und dort besteht Rechtsanwaltszwang. Manchmal hilft aber auch bereits das Aufforderungsschreiben eines Anwalts. Die Kosten des Verfahrens bekommen Sie ersetzt, sofern der Beklagte sie (allenfalls im Exekutionsweg) zahlen kann. Da die Kosten einer derartigen Klage nicht unbeträchtlich sind, sollte man sich daher im vorhinein überlegen, ob sich eine Klage auszahlt."

Zuerst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass sich der genannte Paragraph nicht auf die Gesetzgebung in Deutschland beziehen kann. Ein Indiz dafür ist zum einen die Abkürzung JN (Jurisdiktionsnorm), welche nur in Österreich Verwendung findet und zum anderen, dass der § 50 des Deutschen "Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte" (UrhG) nur einen Absatz ("Berichterstattung über Tagesereignisse") hat und was dieser mit der hier aufgeworfenen Problematik zu tun haben soll, ist mir schleierhaft.
Allerdings ergibt auch der Bezug auf den österreichischen Paragraphen ebenfalls nur sehr wenig Sinn, da es darin um öffentliche Vorträge von erschienenen Sprachwerken und die für die Veranstaltung zu entrichtenden Eintrittsgelder bzw. die Bezahlung der Mitwirkenden geht.

Ich bitte darum mich im Folgenden nicht falsch zu verstehen. Ich respektiere sowohl das Urheberrecht, als auch das Eigentum anderer, aber hier liegt wieder einmal eine ziemlich eigenwillige Interpretation bzw. unbedachtes "Copy & Paste"-Verhalten von so manchem User vor. Gerade die letzten beiden Sätze des Originaltextes sollten für jeden, der sein Material irgendwo hochlädt und einen solchen Text in seinem Profil stehen hat, ein Signal sein.

Mal gesetzt dem Fall die Paragraphenangaben würden stimmen und es kommt zu folgendem Szenario:
Ihr habt ein Foto von euch hochgeladen und entdeckt nach ein paar Tagen, dass jemand anderes (eine Privatperson) dieses anscheinend heruntergeladen und ohne euer Erlaubnis, oder irgendeine Quellenangabe, in seine Galerie hochgeladen hat und ihr habt den oberen Text in eurem Profil stehen. Was nun?

Natürlich könnt ihr sofort zu einem Anwalt gehen, aber was glaubt ihr denn, was danach passiert?
Die Ermittlung des Klarnamens von Personen im Internet ist zum Teil aufgrund des Datenschutzgesetzes, der am 25. Mai 2018 in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung, der Abschaffung der Störerhaftung und den technischen Verschleierungsmöglichkeiten sehr aufwendig. Wenn ihr Pech habt, ist eure Klage bereits hier zu Ende, da die Person nicht ermittelt werden konnte, oder der Aufwand wird noch größer, weil die Person im Ausland lebt und über Ländergrenzen und auch Rechtsgrenzen hinweg ermittelt werden muss.
Kommt es zum Prozess, wird vor Gericht der sogenannte Streitwert festgelegt, der bei Fotos von Privatpersonen, welche das Foto nicht professionell (also mit verschwindend geringen Sachaufwand) gemacht haben und das nicht kommerziell verwendet wurde, meistens im unteren vierstelligen Eurobereich veranschlagt wird. Bis zum Gerichtsurteil können in solchen Fällen mit "minderer Bedeutung" unter Umständen (je nach Klageort) 1-2 Jahre vergehen.
Geht die Verhandlung zu euren Gunsten aus, habt ihr tatsächlich einen Schadensersatzanspruch, sowohl was die Verwendung des Fotos betrifft, als auch die bis dahin VON EUCH getragenen Prozesskosten.
Um das unmissverständlich klarzustellen nochmals: Da ihr mit eurer Klage jede Menge Menschen beschäftigt habt, die alle Geld verdienen wollen, seid ihr als Kläger/in die einzige Person welche auf eurer Seite bis zum Urteil zur Kasse gebeten wird, da keiner mit der Rechnungsausstellung darauf wartet, dass der Prozess evtl. auch noch durch mehrere Instanzen geht und letztendlich beendet ist.
Hinzu kommt, dass aus der Tatsache, dass ihr ein Anspruch auf etwas habt noch lange nicht resultiert, dass ihr diesen auch durchsetzen könnt. Ist euer Prozessgegner z.B. untergetaucht, zahlungsunfähig, bzw. hat ein Einkommen unter dem Existenzminimum, könnt ihr salopp formuliert zwar als Prozesssieger aus dem Gerichtssaal marschieren, aber einen effektiven finanziellen Nutzen habt ihr davon nicht, sondern sogar ganz im Gegenteil, da ihr auf den Kosten sitzen bleibt. Kann euer Prozessgegner zahlen und das Gericht hat einen Streitwert von 2.000 Euro festgelegt (was ein in diesen Fällen durchaus üblicher Satz ist) bekommt ihr zwar nach Jahren euer Geld, aber ihr müsst damit leben, dass ihr bereits im Vorfeld viel Geld in das gesamte Verfahren gebuttert habt und nicht nur im Zuge des Prozesses zahlreiche Personen das Foto in Augenschein genommen haben, sondern das inzwischen höchstwahrscheinlich unzählige Downloads und Reuploads eures Fotos stattfanden und der Rattenschwanz an Personen, welche ihr verklagen müsstet, mittlerweile unübersehbar lang ist.
Wer jetzt solche Ideen hat wie: "Kein Problem! Ich habe eine Rechtsschutzversicherung die in die Bresche springt." dem sei gesagt, dass die meisten Rechtsschutzversicherungen bestimmte Rechtsbereiche bewusst vertraglich ausklammern (z.B. Strafrecht, Familienrecht, Internetrecht inkl. Urheberrecht in diesem Zusammenhang) und selbst wenn nicht bzw. wenn ihr dies zusätzlich versichert habt, könnt ihr davon ausgehen, dass aufgrund der Prozessdauer, des eventuellen Aufwandes bei internationalen Verflechtungen, des vergleichsweise geringen Streitwertes und langen Phase in der keine Regressansprüche geltend gemacht werden können, ihr spätestens nach dem zweiten, solchen Verfahren die rechtmäßige Kündigung eurer Police im Briefkasten haben werdet.

Lange Rede kurzer Sinn:
Ihr habt das Recht euer Recht einzuklagen und wenn ihr dies für nötig haltet macht das auch. Seid euch aber bewusst, dass ihr zunächst alles vorstrecken müsst und das es am Ende keine Garantie gibt, dass ihr tatsächlich eure Kosten erstattet und zusätzlich einen Schadensersatz für die Verwendung eures Fotos bekommt. Achtet darauf was ihr im Internet veröffentlicht und rechnet damit, dass sobald ihr etwas irgendwo hochgeladen habt, dies nie wieder aus dem Internet verschwinden wird, egal wie oft ihr gegen wen auch immer klagt.
Urheberrechtsklagen lohnen sich nur dann, wenn es sich um mehrere Fotos handelt, der Aufwand bei der Erstellung beträchtlich war und euer Interesse an einem Schadensersatz nachweislich hoch ist (z.B. weil dadurch euer Ruf umfangreich geschädigt wurde, euch finanzielle Einnahmen entgangen sind, oder sich der andere durch eure Fotos einen Wettbewerbsvorteil verschafft hat).

Ich selbst habe Kontakt zu einigen Content-Producern (also die Uploader welche selbst erstelltes Material hochladen) und nach deren Erfahrungsberichten führen Klagen in dem Umfang, in denen man als Privatperson bezüglich des Urheberrechts klagt, in 99% der Fälle nur zu einem erheblichen Zeitaufwand mit dieser Sache und finanzielle Aufwendungen auf Seiten des Klägers, welche er aus den zuvor genannten Gründen häufig nur in langfristig angesetzten Raten, oder auch gar nicht wieder erstattet bekommt.

Anstatt solche generellen Drohungen wie in diesem Text loszulassen (wobei davon auszugehen ist, dass diejenigen, welche den Text verstehen, sich zuvor ohnehin des kriminellen Umstandes bereits bewusst waren), hilft es meistens mehr sich bei der jeweiligen Plattform (hier also xH) zu beschweren und den User direkt anzuschreiben und auf die Möglichkeit eines Urheberrechtsprozesses hinzuweisen, sollte euer Foto nicht umgehend durch diesen entfernt werden. Dadurch bekommt ihr sicherlich keinen Schadensersatz, aber die Angelegenheit ist danach für euch meistens stressfrei und schnell aus der Welt geschafft und wenn nicht, steht euch immer noch die Möglichkeit einer Klage offen.

Hier mal ein paar Fragen als kleiner Denkanstoß:
1) Woher kommen denn die ganzen Uploads (Bilder/Videos) auf solchen Plattformen wie xHamster und vor allem wie kann es sein, dass so viele doppelt und dreifach irgendwo von verschiedenen Usern hochgeladen werden?
2) Wie kann es sein, das private Uploader auf Plattformen wie xHamster zum Teil sehr hochwertiges und sehr zahlreiches Material unterschieldlichster Themenbereiche hochladen?
3) Wie hoch ist das Interesse der Betreiber von solchen Plattformen, die Mitglieder durch eine schnelle Weitergabe der Nutzerdaten und Kooperation mit Ermittlungsbehörden/Anwälten zu "entblößen" und somit auf beiden Seiten (Zahlende Nutzer/Werbekunden und "produktive" Uploader) für Unruhe zu sorgen?
4) Was bringt es euch am Ende des Tages, wenn ihr irgendeinen Typen, der vielleicht euer Profil gar nicht kennt, sondern euer Foto an irgendeiner anderen Stelle runtergeladen hat (also der Fotodieb des Fotodiebes) drankriegt, während das gleiche Foto an zig tausenden Stellen im Internet gerade neu hochgeladen wird?
5) Konsumiert ihr vielleicht selbst Material, welches nur aufgrund von Urheberrechtsverstößen hier bzw. anderswo gelandet ist und profitiert ihr aufgrund der Tatsache, dass dadurch so viele Leute hier aktiv sind und auch auf eure Inhalte aufmerksam werden indirekt, oder sogar direkt davon?

Liebe Grüße
und noch viel Spaß hier

Euer Timo

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před 6 roky/let
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HermanTheGerman1950
Genau deshalb habe ich auf den 'Disclaimer' bei mir gleich verzichtet - ist (hier) nur Unsinn !
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