"Klappen-Sex" - was war das eigentlich?
Leider ist sie um den Jahreswechsel 2020/2021 der großen Hamster-Löschaktion zum Opfer gefallen: meine über Monate hinweg durch Recherche im Web erstellte Galerie von Fotos alter "Klappen". Etwa 300 Bilder hatte ich da gesammelt mit dem Ziel, diese längst vergangene Zeit irgendwie zu konservieren, noch mal "erlebbar" zu machen.
(Ein Hamster-Freund war aber so nett, die vorher durch ihn gesicherten Bilder in leicht modifizierter Zusammenstellung und Reihenfolge bei ImageFap erneut hochzuladen. Den Link dorthin findet ihr ganz am Ende dieses Textes.)
Aber wer kann mit diesem Begriff "Klappe" überhaupt noch etwas anfangen? Auf dem Dorf hat es sie so wohl nie gegeben. Aber auch Städter, die heute 30 Jahre oder jünger sind, verbinden damit wohl gar nichts mehr.
Klappen - das waren Öffentliche WCs, die es damals noch an fast jeder Ecke gab. Viele davon waren sogar kleine architektonische Perlen, freistehende Backsteinbauten, die noch auf das 19. Jahrhundert zurückgingen. Aber es gab sie auch in schlichterer Form an fast jedem Marktplatz oder Bahnhof: "Stille Örtchen", die nicht nur zum Pissen lockten, sondern auch zum schnellen und anonymen Schwanz-Fun unter Kerlen, die einfach mal fix Druck ablassen wollten, bevor sie dann zuhause wieder den Versorger und Müllrausbringer mimen mussten.
Wenngleich da nichts "klappte" (der Begriff geht vermutlich zurück auf die Deckel der Sitz-Klosetts), zählten aber natürlich auch die Steh-Pissoirs zu den "Klappen". Über alle Grenzen hinweg bekannt geworden sind sie z. B. in Form des Berliner "Café Achteck", das schon im 19. Jahrhundert aufkam und das Berliner Stadtbild über viele Jahrzezhnte hinweg prägte. Siehe Zeichung am Anfang dieses Posts.
Auch hier in Hamburg gab es noch in den 2010ern solche Stehpissoirs am Hauptbahnhof. Sie waren zwar deutlich schlichter gestaltet, taugten für den schnellen Fun zwischendurch aber vielleicht sogar besser. Denn anders als in Berlin, wo man gegen die Außenwand pisste (oder besser: wichste), war die Pissrinne hier in der Mitte des Pissoirs plaziert. Der Blick auf den Schwanz des Nachbarn und die folgende Kontaktaufnahme war hier also viel leichter möglich.
Aber auch mit diesem letzten Refugium der kleinen Männerfreude war dann 2014 Schluß. Sie wurden abgerissen und durch unverwüstbare und weithin einsehbare Edelstahl-Installationen für sagenhafte 30.000 Euro ersetzt.
Zu diesem Zeitpunkt waren alle übrigen "klassischen" Klappen schon längst stillgelegt. Die meisten waren abgerissen worden, einige wenige Örtlichkeiten wurden umgewidmet zu Bürgerzentren oder Ausstellungsräumen. Aus einigen wurden auch Cafés.
Die Gründe des Niederganges der Klappen waren sicher vielfältig. Die früher noch zum Standard gehörenden "Klofrauen" waren wegen der Personalkosten längst abgeschafft worden. Was ja ganz in "unserem Sinne" gewesen war. Dadurch verkamen die Klappen aber auch immer mehr zu Dreckslöchern. Und die bauliche Instandhaltung forderte ihren Tribut, für den die Kommunen nicht länger aufkommen wollten. So verfielen sie mehr und mehr, diese Plätze, an denen man nicht nur gratis pissen konnte.
Aber es gibt noch einen anderen Grund. Jedenfalls hier in Hamburg. Zurückgehend auf die 1970er Jahre, in denen der § 175 StGB noch galt, waren in vielen innerstädtischen Klappen vom Senat geheime Kammern eingebaut worden, aus denen heraus Polizisten durch Einwegspiegel das muntere Schwanz-Treiben nicht nur beobachteten, sondern sogar filmten, um Strafverfahren wegen "zweckwidrigen Aufenthaltes in Toiletten" einleiten zu können. 1980 flog das Ganze dann auf und führte zur sog. "Spiegel-Affäre", an der auch Corny Littmann an vorderster Front mit beteiligt war.
https://www.queer.de/detail.php?article_id=36465
Dieser Spitzel-Umgang mit der Klappen-Szene war aber kein typisches Hamburg-Problem. Wie so oft hat Deutschland da nur von Amerika "gelernt". Denn dort war diese Klappen-Spitzelei schon weit früher gang und gebe gewesen. Es gibt (auch) hier beim Hamster zu sehen, wie die amerikanische Polizei damals wohl schon in den 1960er Jahren vorgegangen war. In diesem Clip ist der Stolz der Polizei über ihr Vorgehen gegen die bösen Klappen-Ferkel förmlich zu riechen. Akribisch dokumentierten sie darin nicht nur ihren "Versuchs-Aufbau" mit Einwegspiegel im Handtuch-Spender, sondern auch jede Menge beweiserhebliche Szenen.
https://xhamster.com/videos/vintage-police-surveillance-of-tearoom-cruising-3399478
"Meine" Klappen-Zeit lag erfreulicherweise nach dieser Spitzel-Ära. Es gab sie noch für ein paar Jahre, diese Klappen, als ich um die Zwanzig herum war, aber sie waren da schon aus dem Fokus der Strafverfolgungsbehörden gerückt. Ich hatte also das große Glück, noch für einige Zeit die Klappen-Ferkeleien genießen zu können. Und ich habe sie genossen! Ein einschneidendes Erlebnis davon habe ich hier beim Hamster auch aufgeschrieben. Falls es dich interessiert, wie das "damals" so aussah, abging und sich anfühlte, lies diesen Bericht einfach mal. So war das wirklich - da ist nichts hinzugedichtet.
https://xhamster.com/posts/10100998
Und falls du diese Zeit noch selbst miterlebt haben solltest, einfach nur mal ein paar Fotos sehen möchtest, die alte Erinnerungen wieder wachwerden lassen, wirf einen Blick in diese IF-Galerie. Irgendwann werde ich dort meine mittlerweile noch weiter aufgestockten Fotos auch selbst hochladen. Aber auch diese "kleine" Galerie macht die Erinnerungen schon gut riech- und fühlbar. Schöne alte Zeit. Schöne vergangene Zeit. Schade drum ...
https://www.imagefap.com/pictures/9186569/Public-Toilets-Cottaging-Places-and-Impressions
4 years ago
https://www.2mecs.de/wp/2012/12/hamburg-spiegel-affaere-1980-polizei-ueberwachung-homosexuelle-klappen/
Zu Hunderten der anderen Fotos wusste ich aber nichts über deren Herkunft. Sie waren "nur" das Ergebnis einer aufwändigen Web-Recherche nach solchen Relikten längst vergangener Zeiten. Mir ging es nicht um einen "Klappen-Führer" (99,5% davon gibt es ja ohnehin nicht mehr), sondern lediglich um die Möglichkeit der Erinnerung.